4 Tage Tindergarten – ein Experiment
Bitte schlage mir kräftig ins Gesicht, sollte ich mich jemals bei Tinder anmelden! Das war mein Deal mit meiner besten Freundin. Seit Anbeginn dieser Dating-App war mir diese Plattform nicht ganz geheuer – von den einen verrufen als reine Sex-App, von den anderen gepriesen als lustige Kennenlern-App mit Erfolgsgeschichten. Von immer mehr Freunden empfohlen, warf ich schließlich meine Bedenken über Bord und meldete mich an. Warum?
Gefühlt kennt jeder jemanden, der jemanden kennt, der seine wahre Liebe über Tinder kennenlernte. Also dachte ich, schaue ich mir das doch mal genauer an. Man sollte sich schließlich kein Urteil erlauben, wenn man es nicht selbst ausprobiert hat. Es spricht ja auch nichts dagegen neue Leute kennenzulernen. Besonders wenn man sich meist in seiner Wohlfühlzone bewegt: Der Freundeskreis ist gesetzt, Unternehmungen finden meist in der Gruppe statt, die eigene kleine Welt dümpelt so vor sich, ab und zu ein erfolgloses Date – so let’s check out tinder! (Natürlich nicht ohne sich vorher die “Erlaubnis” seiner besten Freundin zu holen damit es keine Backpfeife gibt.)
Meine Tinder-Anmeldung und Erfahrungen im Tindergarten
Die Anmeldung verlief unkompliziert über Facebook. Schnell ein paar Bilder hochgeladen und da ich definitiv nicht auf der Suche nach One-Night-Stands war, machte ich in meiner Tinder-Beschreibung gleich klar “Kein Sex beim ersten Date”. Zumindest dachte ich, dass meine Meinung zu diesem Thema damit eindeutig wäre 😉
Gesagt sei, dass ich mein Tinder-Profil an einem langweiligen Mittwochabend erstellte und auch ich lässig von der Couch aus per Swipe nach links oder rechts in sekundenschnelle mein Urteil über die vorgeschlagenen Männer fällte. Die App fokussiert natürlich zunächst auf reine Äußerlichkeiten. Dies ist auch im realen Leben das Erste, was darüber entscheidet, ob man jemanden überhaupt anspricht oder von der Person angesprochen werden möchte. Also soweit so gut.
Doch bei einigen Bildern der vorgeschlagenen Männer kam ich ins Grübeln: Warum schneidet man(n) seinen Kopf ab? Warum stellt man(n) nur Landschaftsbilder online? Warum zeigt man(n) sich mit dem Expartner und/oder Kinder? Sorry, aber sind das nicht alles K.O.-Kriterien, wenn im ersten Schritt die Entscheidung ansteht ob Frau gefällt, was sie sieht? Also bei mir ehrlich gesagt schon.
Ich las aufmerksam die jeweiligen Profilbeschreibungen der Männer, die mir gefielen und entschied, ob ich ein Hot oder Not vergebe. Was ich gut fand: einige Männer machten darin klar, dass sie nur auf der Suche nach Sex sind. So weiß Frau gleich worauf sie sich einlässt. Ansonsten waren komischerweise die meisten Männer sportlich, gesellig, SPONTAN ;-), Weltenbummler und doglover (gefühlt hatten alle Männer einen Hund). Natürlich alles tolle Eigenschaften, die uns Frauen positiv ansprechen.
Ich swipete also ein bisschen vor mich hin und erhielt viele Matches. Relativ schnell schrieben mich etwa 15 bis 20 Männer an. Viele sehr offensiv mit dem Wunsch nach Sex. Einige etwas subtiler mit dem Wunsch sich SPONTAN zu treffen. Wenige zeigten sich wirklich interessiert. Bei denen blieb ich dran und investierte mehr Zeit in den Chat.
Fun-fact: Mittwoch, Donnerstag und Freitag boomte es förmlich in meiner Tinder-App. 100 % Aufmerksamkeit, Match hier, Match da und trallala. Ab Samstag war quasi Funkstille. Ich gehe stark davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt alle Männer, mit denen ich schrieb ihre Dates gefunden hatten und somit das Entertainment-Programm für das Wochenende feststand.
Mein #tindernightmare #tinderfail
Und jetzt zu meinem Tinder-Alptraum und der Grund warum ich die App bereits nach 4 Tagen von meinem Smartphone löschte. Ziel war es neue Leute kennenzulernen. Ich schrieb also mit einem netten Typen via Tinder und ja wir verabredeten uns für Samstagabend. Es schien alles soweit gut und er schlug Freitagabend vor die Kommunikation via WhatsApp fortzusetzen. Ich verwarf meinen kurzen Anflug von Misstrauen (In einem Club gebe ich meine Nummer schließlich auch raus, wenn ich jemand Interessantes kennenlerne.) und kontaktierte ihn via WA.
Er überschüttete mich gleich mit Sprachnachrichten und rief mich schließlich an. (Komisch aber naja okay.) Nach einem etwa 10-minütigen wirklich netten Gespräch kam er plötzlich auf Sex zu sprechen. …Warum ich denn so strikt gegen Sex beim ersten Date wäre?! Das fände er nicht gut. Was wenn es die wahre Liebe zwischen uns werden würde, dann wäre es doch nicht schlimm, wenn man gleich beim ersten Treffen miteinander schlafen würde?!… Whaaaat?? Was sollte das denn bitte? Das Telefonat nahm eine mega unangenehmen Wendung. Ich hatte das Gefühl mich rechtfertigen zu müssen für etwas, das ich von Anfang an klar kommuniziert hatte! Alle meine Alarmglocken schrillte und ich versuchte das Gespräch so nett wie möglich zu beenden – was mir auch gelang. Danach formulierte ich eine nette WA-Sprachnachricht, in der ich ihm meinen Standpunkt noch einmal klar machte und schließlich das vereinbarte Treffen absagte. (Das Telefonat hatte mich einfach zu sehr verunsichert.)
Und jetzt kommt es: Er schickte sofort Nachrichten, wie prüde ich wäre, Bilder die ihn mit einer anderen Frau im Bett zeigen und was mir alles entgehen würde. (Ei Gott nee.) Alles richtig gemacht, dachte ich und fing an ihn zu blockieren und die Nummer zu löschen. Er checkte das natürlich relativ schnell und spamte mich via SMS zu. ICH würde mit einer Abfuhr nicht klar kommen. Ist klar (LOL), soweit ich mich erinnerte, hatte ich doch das Treffen abgesagt. Haaalloooo, was bitte stimmte mit dem Typen nicht? Als Nächstes erhielt ich zwei Freundschaftsanfragen via Facebook – keine Frage es war der Typ von Tinder. ABER unter einem anderen Namen. Ein Fake-Profil auf Tinder und ein Fake-Profil auf Facebook. Was für ein Psycho!
Mein Tinder-Fazit
Was bitte schön läuft denn in unsere Generation verkehrt? Ich sehe mich selbst als aufgeschlossene Person, habe aber meine Prinzipien, für die ich mich weder schämen noch beschimpfen lassen muss. Wer einen One-Night-Stand will, soll gefälligst den Arsch in der Hose haben dies auch ehrlich zu kommunizieren und keine linke Nummer abziehen. Mein Tinder-Ausflug war jedenfalls sehr aufschlussreich, ernüchternd und bezeichnend für eine Generation Maybe. Zu viele Unentschlossene da draußen mit zu vielen Möglichkeiten Menschen wie Dinge einfach zu ersetzen. Vielleicht will ich dich kennenlernen, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht will ich nur Sex, vielleicht aber auch nicht. Vielleicht habe ich Zeit für ein Treffen, aber wahrscheinlich eher nicht. Vielleicht ist das meine wahre Liebe, vielleicht kommt aber noch jemand Besseres. Leute, lasst doch mal die Handbremse los und erkennt die Dinge, die eindeutig für ein Ja oder ein Nein sprechen. Ich würde tausendmal lieber für immer Single bleiben als für jemanden nur ein „Vielleicht“ zu sein. Abschließend noch meine offizielle Tinder-Begründung für die Löschung der App. Vielleicht bekommt Tinder ja irgendwann noch einmal eine Chance von mir . Vielleicht aber auch nicht 😉
Fun-Fact: Die Suche bei Instagram nach dem Hashtag #tindersuccessstory ergab zum aktuellen Zeitpunkt nur 5.158 Beiträge. Bei der Anzahl der Nutzer entspricht dies quasi der Suche nach der Nadel im Heuhaufen 😉
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