personal

Love is sold out, but we still have vibes to offer – 1/4

Gleichmäßig, vermeintlich beruhigend schwappen die Wellen an die Pier. Die Boote im Hafen geben schaukelnd leise knarrende Laute von sich. Motten tanzen in dem doch recht grellem Licht der Laterne. Die schwarze Tiefe des Sees scheint unendlich und zugleich bedrückend beengt. Ich spüre am Rücken die Streben der im Grunde recht unförmigen Bank, auf der wir Platz genommen haben. Dunkelheit umschließt den Lichtkegel in dem wir sitzen. Stille. Schweigen. Ich lausche, versuche die Stimmung aufzunehmen, zu deuten. Mein Kopf ist leer und doch wirbeln in mir tausende Gedanken gleichzeitig. Schwer in Worte zu fassen. Sie ziehen an meinem inneren Auge vorbei. Dieses Gedankenkarussell. Seit Tagen beschäftigt es mich, lässt mich schwerer atmen und unruhiger schlafen.

»Sag was.«, vernehme ich seine Stimme. Ruhig und bereits nach so kurzer Zeit unseres Kennenlernens vertraut. Ich spreche nicht gern über Gefühle. Sehr Frauen-untypisch. Doch ich weiß wir müssen reden. »Was ist los?«, platzt es aus mir heraus. Unbeholfen. Unsicher. Wie immer viel zu direkt. In Erwartung, dass dies unser letztes Gespräch sein wird. Er das, was sich bis jetzt zwischen uns entwickelt hat, beenden möchte.

So unerwartet und schnell wie das mit uns begonnen hatte, wird es also auch vorbei sein. Hatte ich bereits darauf gewartet? Hatte ich es kommen sehen? Ich habe gespürt, dass sich etwas verändert hatte. Nicht bei mir. Nicht wirklich. Sein plötzliches Zurückziehen hat mich verunsichert. Seine plötzlich verhaltene Kommunikation irritiert. Und dann seine unerwartete Frage, wie das mit uns weiterlaufen wird. Sie hatte mich kalt erwischt und mir Angst gemacht. Aber ich versuchte mir nichts anmerken zu lassen. Im Grunde wusste ich was ich wollte und dachte, ich hätte es geschafft ihm dies zu vermitteln. Wir waren uns einig, dachte ich zumindest. Er bestätigte es auch. Und dennoch fühlten sich die letzten Tage komisch an. Sein Verhalten war für mich widersprüchlich. Ich schwankte zwischen diesem gutem „Alles ist geklärt“-Gefühl und der Verunsicherung, ob ich wirklich richtig reagiert, das richtige gesagt hatte.

Ich sehe ihn von der Seite an. Versuche ehrlich zu sein. Offen zu kommunizieren, wie es scheinbar die ganze Zeit zwischen uns möglich war. »Ich bin verunsichert. Seit deiner Frage wie das mit uns weiterläuft. Ich dachte, es ist alles schön zwischen uns. Es hat sich leicht angefühlt und einfach gepasst. Seit ein paar Tagen habe ich das Gefühl du ziehst dich zurück. Ich dachte, wir waren uns einig und konnten klären was wir wollen. Und jetzt weiß ich nicht mehr woran ich bin. Geht es dir zu schnell, oder zu langsam? Was ist los?«

Er beugt sich nach vorn. Stützt seine Ellenbogen auf die Knie und starrt ins Wasser. Ich erblicke einen einsamen Stern am Himmel und weiß nicht was ich mir in diesem Moment wünschen soll. Seine Stimme durchbricht meine Gedanken. Er versichert, dass es ihm mit mir nicht nur um Sex geht, sonst würden wir jetzt nicht hier sitzen. Er hat aber Angst meine Erwartungen nicht zu erfüllen. Aus einer langen miesen Beziehung kommend, genießt er jetzt seine gewonnene Freiheit für seine Hobbys, ist viel unterwegs. Er ist unsicher, ob er sich wieder verlieben kann, ob da überhaupt Platz für eine Frau in seinem Leben ist.

Ich höre was er sagt, verstehe seine Ausführungen und kann sie gleichzeitig nur schwer nachvollziehen. Er weiß doch nicht was ich erwarte. Ich habe ebenfalls mein eigenes Leben. Meine Hobbys, Freunde, Sport. Möchte gar nicht, dass er sein Leben für mich vernachlässigt. Ich möchte einfach, dass es so leicht wie bisher zwischen uns weiterläuft. Natürlich werden sich immer mehr Gefühle entwickeln. Das ließe sich nur vermeiden, wenn wir jetzt davor weglaufen. Aber ich für meinen Teil möchte nicht mehr weglaufen. Möchte mich weiterentwickeln. »Ich weiß auch nicht wo wir in einem Jahr sein werden.«, erkläre ich meine sich überschlagenden Ausführungen abschließend. »Vielleicht mag ich dich schon nächsten Monat gar nicht mehr.«, scherze ich um die Situation aufzulockern. Er schmunzelt. Meine Anspannung löst sich etwas.

***

Der Wind weht das leise Lachen eines verliebten Pärchens auf einem Segelboot zu uns herüber. Vermeintlich verliebt, schießt es mir durch den Kopf. Es wird frisch und wir machen uns auf den Rückweg. Wir gehen langsam zum Ufer und spazieren den See entlang zu unseren Autos. Reden über Alltägliches. »Werden wir uns jetzt nur noch spontan treffen?«, frage ich irgendwann. »Nein.«, lautet die klare Antwort. »Wird es jetzt krampfig zwischen uns sein?« »Nein.«. Er stimmt zu, dass wir entspannt schauen was passiert – exklusiv. Ohne, dass ich mir die Grenze setzen muss keine weiteren Gefühle entwickeln zu dürfen. Am Auto verabschiedet er mich mit einem Kuss und einer festen Umarmung. Ich bin erleichtert und denke der Druck ist raus, alles ist wieder gut. Ich bin froh, dass wir miteinander über unsere Gedanken und Ängste reden können. Fühle mich gut und bin bereit zu schauen was mit uns weiter passiert. Mein Gedankenkarussell schweigt an diesem Abend und ich weiß, dass ich zumindest meinem Bauchgefühl wieder vertrauen kann.


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